Je älter der Weinstock, desto besser der Wein?
Weinrechtlich gibt es den Begriff „Alte Reben“ überhaupt nicht, und dennoch schmücken viele Winzer Ihre Etiketten mit diesem geheimnisvollen Zusatz. Die Bezeichnung Alte Reben ist ein zugelassener, aber nicht geschützter Begriff für Weine, die ausschließlich aus Trauben von Rebstöcken erzeugt werden, die mindestens 25 Jahre alt sind. So die Definition. Ein Weinstock kann aber weit über hundert Jahre alt werden, da erscheinen die 25 Jahre eher wie die Jugend einer Rebe. Welche Besonderheit verbirgt sich also hinter der Bezeichnung „Alte Reben“?
Jugend ist beständige Trunkenheit
Wie alle Lebewesen ist der Rebstock in den ersten Jahren seines Daseins vorrangig damit beschäftig zu wachsen. Er streckt seine Wurzeln ins Erdreich und bildet seinen Stamm. Nach 3-5 Jahren Wachstum hat die Weinrebe die nötige Kraft, um Trauben zu produzieren die für die Weinherstellung verwendet werden können. Nun erfolgt die Jungfernlese bzw. das Keltern des Jungfernweines. Die Weine von jungen Rebanlagen sind zugänglich, frisch und von einer gewissen Leichtfüßigkeit geprägt.
Das Wachsen überlass der Zeit
Im Alter von zehn Jahren steht die Rebe voll im Saft und hat ihr Leistungshoch erreicht. Ein zehn Jahre alter Rebstock ist bereits in der Lage einen großen und komplexen Wein hervorzubringen. Dieses Leistungshoch der Reben hält ungefähr bis zum 20. Lebensjahr an, danach beginnt Wüchsigkeit und Ertrag kontinuierlich nachzulassen. Ab etwa 50 Jahren wird eine Weinrebe unwirtschaftlich und ist für den Winzer unrentabel. Aus diesem Grund produzieren die meisten Qualitätsweingüter Weine aus 5-30 Jahre alten Rebbeständen.
Die Vorzüge des Alters
Weine aus über 50 jährigen Reben weisen aber tatsächlich eine oft bessere Qualität auf. Ein Grund ist sicherlich der minimale Ertrag an Trauben. Relevanter ist aber die Tatsache, das alte Reben lockerbeerige Trauben mit sehr kleinen, dickschaligen Beeren tragen. Dieser Umstand verschiebt das Verhältnis von Fruchtfleisch und Saft zur Beerenhaut. Denn gerade in der Beerenschale sitzen besonders viele Geschmacksstoffe und Tannine. Außerdem profitieren alte Reben von einem tiefen und stark verzweigten Wurzelsystem und können gerade in heißen und trockenen Jahren Wasser und im Idealfall Mineralstoffe in die oberen Wurzeln transportieren.
Und diese natürlichen Unterschiede zu jungen Rebanlagen ist schmeckbar. Die Aromenkomplexität ist bei alten Reben deutlich grösser, die Textur ist tiefer, seidiger und feiner. Die Weine sind intensiver in Mineralität, Fruchtausdruck und Konzentration. Eine durchdringende Mineralität erzeugt in diesen wertvollen Weinen einen Spannungsbogen zwischen tiefer Konzentration und herausfordernder Frische. Das Reifepotenzial von Weinen alter Reben ist denen von jüngeren Reben weit überlegen.